EHRENSCHUTZ DES BUNDESPRÄSIDENTEN BEI NACHWUCHSFÖRDERUNG – MAI 1999
Zum 100. Todestag von Johann Strauss veranstaltete die JSG-Wien erstmals einen Gesangswettbewerb
1949 hatte die Johann Strauss-Gesellschaft Wien anlässlich des 50. Todestages von Johann Strauss erstmals in ihrer Geschichte eine mehrtägige Großveranstaltung durchgeführt. Aufgrund des immensen Erfolgs präsentierte sie im darauffolgenden Jahr neuerlich eine sich über ein Woche erstreckende Serie von Veranstaltungen unter em Titel „Festwoche der Wiener Musik“. Dann dauerte es aber fast ein halber Jahrhundert, bis die Gesellschaft neuerlich mit einer über mehrere Tage programmierten Großveranstaltung an die Öffentlichkeit trat, und zwar diesmal im wahrsten Sinne des Wortes an die Weltöffentlichkeit, denn aus Anlass der 100. Wiederkehr des Todestages von Johann Strauss am 3. Juni 1999 veranstaltete die Gesellschaft erstmals in ihrer Geschichte einen Gesangswettbewerb, den „Internationalen Johann Strauss-Gesangswettbewerb 1999“, der vom 25. bis 30. Mai abgehalten wurde.
Ziel des Wettbewerbs war es, klassisch ausgebildete Nachwuchssängerinnen und -sänger dazu zu motivieren, sich auch bzw. intensiver mit Operette auseinanderzusetzen. Demgemäß war die Vorgabe an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, jeweils zwei Opernarien und drei Operettennummer – eine davon musste von Johann Strauss stammen – vorzubereiten. Es erschienen im genannten Zeitraum 117 junge Opernsängerinnen und -sänger aller Stimmlagen aus 27 Nationen bzw.vier Kontinenten in Räumlichkeiten des Wiener Museumsquartiers, um sich einer hochkarätigen, vornehmlich aus international renommierten Opernsängerinnen und -sängern bestehenden Jury zu stellen.
Der Vorsitz hatte Ks. Sona Ghazarian übernommen, eine aus Beirut gebürtige armenische Sopranistin, die von Wien aus, das sehr bald ihre zweite Heimat geworden war, Weltkarriere gemacht hatte. Mit Ks. Christa Ludwig – über Jahrzehnte die bevorzugte Mezzosopranistin Herbert von Karajans wie Leonard Bernsteins und Karl Böhms – hatte die JSG-Wien einen zweiten weiblichen Weltstar für die Jury gewonnen. Nicht minder prominent waren die darin befindlichen Herren: Ks. Heinz Zednik, der österreichische Staatsoperntenor, der vor allem als Bayreuther Loge und Mime Weltruhm erlangt hatte, brachte in die Jury auch viel Operettenerfahrung ein. Mit dem gebürtigen US-Amerikaner mit österreichischer Staatsbürgerschaft, Ks. Thomas Moser, war ein weiterer international gefeierter Tenor, und zwar des Heldenfaches, als Juror gewonnen worden. Die Stimmlage Bariton war vertreten durch zwei Schüler der legendären Gesangspädagogin Elisabeth Radó, die ab 1950 als Professorin der Wiener Musikhochschule deren Gesangsabteilung Weltgeltung verschafft hatte, und zwar durch den Österreicher Ernst Scheurecker, der unter anderem in Zusammenarbeit mit Walter Felsenstein in Berlin große Erfolge erzielt hatte, und den Griechen Antonio Filppatos, der als Jahrzenhnte langes Mitglied der Marburger Oper vor allem im italienischen Fach (Rigoletto, Vater Germont etc.) Triumphe gefeiert hatte. Zum Zeitpunkt des Wettbewerbs hatten beide ihre Karriere bereits beendet und gaben als Gesangspädagogen das von ihrer Lehrerin erworbene Wissen weiter. Der international renommierte Barition, Ks. Bernd Weikl, hatte als dritter Vertreter des Baritonfachs zugesagt gehabt, musste dann aber aus plötzlich eingetretenen privaten Gründen kurzfristig seine Teilnahme absagen. So komplettierte der Allroundkünstler der Wiener Volksoper, Herbert Prokopa, ebenfalls Schüler von Elisabeth Radó, als Dirigent die siebenköpfige Jury.
Dass den Ehrschutz über eine Veranstaltung der Wiener Strauss-Gesellschaft ein Bundeskanzler, ein Bürgermeister oder Bundesminister übernehmen, war für die JSG-Wien seit ihren allerersten Veranstaltungen nichts Außergewöhnliches. Dass aber ein Staatsoberhaupt diese Funktion ausübt, das war in den 63 Jahre, die die Gesellschaft damals bereits erlebt hatte, noch niemals zuvor der Fall gewesen. Der damalige Bundespräsident, Dr. Thomas Klestil, hatte sich spontan bereit erklärt, den Ehreschutz über den „Internationalen Johann Strauss-Gesangswettbewerb“ zu übernehmen, und ging damit besonders prominent in die Geschichte der Gesellschaft ein. Sowohl von Seiten des Publikuns als auch von Medienseite war somit das Interesse schließlich groß: Nicht nur verschiedene Zeitungen, sondern auch der ORF berichtete darüber.
Nach den Vorsingen der 117 Bewerberinnen und Bewerbern kamen schließlich zehn in die engere Auswahl. Diese durften sich dann im Rahmen eines Finalistenkonzerts am Sonntag, dem 30. Mai 1999, im barocken Ambiente des Theaters von Schloss Laxenburg präsentieren, in dem schon Kaiserin Maria Theresia mit ihrer Familie Opernaufführungen erlebt hatte. Es begleitete „Die Junge Bundesländer Philharmonie“, die dank einer Subvention durch das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten verpflichtet werden konnte, unter der musikalischen Leitung von Herbert Prikopa. Durch das Programm führte Peter Widholz, der die Idee zu dem Gesangswettbewerb gehabt hatte und von der ersten Planungsphase bis zum Schluss an der Spitze der Organisation stand.
Am Ende des Konzerts wurden dann die Sieger bekannt gegeben und geehrt. Der dritte Preis, der mit 20.000.- Schilling (= ca. 1.500.- Euro) dotiert und von der Margarete Steiff G.m.b.H gestiftet worden war, ging an die ungarische Sopranistin Andrea Csereklyei. Der zweite Preis, den die Ringturmkaptalanlagegesellschaft m.b.H. in der Höhe von 30.000.- Schilling (= ca. 2.200.- Euro) zur Verfügung gestellt hatte, ging mit Valentina Farcas an Rumänien. Den ersten Preis und damit 50.000.- Schilling (ca. 3.500.- Euro) errang schließlich ein Österreicher, der Tenor Oliver Ringelhahn. Diese Summe war von der Stadt Wien beigesteuert worden und wurde in Vertretung des Bürgermeisters von Mag. Daniela Ottmaier überreicht. Sie fand in ihrer Rede nicht bloß Worte des Lobes und der Wertschätzung für den Sieger, sondern hob auch das hohe Niveau, das dieser Gesangswettbewerb an den Tag gelegt hatte, sowie dessen Bedeutung für die Pflege und Weitergabe der Operettenmusik hervor. Ein Anliegen war ihr dabei auch, den Organisatoren zu danken, erkennend, wie viel Zeit und Energie zur Verwirklichung dieses Projekts idealistisch aufgewandt worden waren.
Mit den vielen prominenten Namen im Bereich der Jury und des Ehrenschutzes sowie dem zeitlichen Ausmaß und der Anzahl der Mitwirkenden hatte die Johann Strauss-Gesellschaft Wien, die erst zweieinhalb Jahre zuvor begonnen hatte, von Neuem mit künstlerischen Veranstaltungen an die Öffentlichkeit zu treten, endgültig den Anschluss an die Großveranstaltungen nach ihrer Erstgründung (1936) sowie nach ihrer Neugründung (1946) gefunden. Der Unterschied zu diesen beiden früheren Perioden liegt allerdings darin, dass seit 1996 ohne Unterbrechung und in gleich bleibender Frenquenz künstlerische Veranstaltungen von der JSG-Wien produziert werden.