FESTVERANSTALTUNG ZUM GRÜNDUNGSJUBILÄUM IN BAROCKEM GLANZ
Die Strauss-Gesellschaft Wien feierte ihr 70jähriges Bestehen mit einer Strauss-Operettenrarität
1936 wurde die Johann Strauss-Gesellschaft Wien gegründet. Von Anfang an war eines ihrer vordringlichsten Ziele, zu Unrecht vergessene Bereiche des Schaffens des Walzerkönigs neu zu beleben. Und dieses Bemühen war es auch, das die JSG-Wien in den Mittelpunkt ihrer Feier aus Anlass ihres 70jährigen Bestehens stellte: Mit Unterstützung des Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur präsentierte sie am 30. November 2006 eine konzertante Aufführung der Operette „Prinz Methusalem“. Dieses Werk feierte 2005 nämlich selbst ein kleines Jubiläum: Es war 130 Jahre zuvor in Wien uraufgeführt worden. Gleichzeitig setzte die Gesellschaft mit der Aufführung dieser Operette ihren 2001 begonnenen Johann Strauss-Operettenzyklus fort; es handelte sich dabei um die bereits 6. Produktion von Johann Strauss-Originaloperetten.
Als Aufführungsort hatte man erneut den Eroica-Saal des barocken Wiener Palais Lobkowitz in unmittelbarer Nähe der Albertina und der Wiener Staatsoper gewählt, einen musikhistorisch höchst bedeutsamen Ort, denn hier hatte die Uraufführung von Beethovens 3. Symphonie, der „Eroica“ – nach der der Saal schließlich benannt wurde – , sowie seiner 4. Symphonie stattgefunden. Dem besonderen Anlass entsprechend hatte die für Kultur zuständige Bundesministerin, Elisabeth Gehrer, den Ehrenschutz über die Veranstaltung übernommen. Es sangen Mitglieder des Klassischen Operettenensembles Wien, am Klavier begleitet von der an der Musikuniversität Wien für Liedbegleitung tätigen Professorin Margit Fussi, die aufgrund ihrer regen Konzerttätigkeit von China bis in die USA internationale Wertschätzung genießt. In diesem Jahr war sie zum Klassischen Operettenensemble Wien gestoßen und sollte für die nächsten Jahrzehnte dessen bestimmende musikalische Leiterin bei Veranstaltungen mit Klavierbegleitung werden. Außerdem hatte sich die JSG-Wien zwei prominente Gäste für ihre Feierlichkeit geholt: Das war zum einen Elfie Höbarth, die an der Wiener Staatsoper als Königin der Nacht in Mozarts „Zauberflöte“ debütiert und im Laufe ihrer Karriere mit Dirigentengrößen wie Carlos Kleiber und Karl Böhm zusammengearbeitet hatte – sie sang die Partie der Pulcinella – und zum anderen die Radio- und Fernsehsprecherlegende Peter Fichna, der zum Verständnis der Handlung vom Präsidenten der JSG-Wien, Peter Widholz, verfasste, verbindende Texte vortrug. Ein weiteres Anliegen der Strauss-Gesellschaft seit ihrer Gründung liegt darin, die große Tradition der Wiener Tanz- und Operettenmusik an nachkommende Generationen weiterzuvermitteln. Und auch diesem Bestreben kam die Gesellschaft bei ihrer Jubiläumsproduktion nach, denn sie hatte den Chor des Musikzweiges des BORG Wien I, Hegelgasse 12 zur Mitwirkung eingeladen.
Doch es gab noch ein weiteres Moment, das die Außergewöhnlichkeit der Veranstaltung betonte: Die Österreichische Mediathek, das staatliche Schallarchiv, produzierte von dieser Vorstellung einen Livemitschnitt und gibt damit bis heute auf einer Doppel-CD Zeugnis von der Arbeit der JSG-Wien und dem künstlerische Niveau ihrer Veranstaltungen nach der Jahrtausendwende, aber auch von der Begeisterung, die dieser Abend beim Publikum im voll besetzten Eroica-Saal auslöste.
Der folgende Ausschnitt aus einer Kritik über die Aufführung stammt aus der Dezemberausgabe der Opernzeitschrift „Der Neue Merker“:
„Das ,Klassische Operettenensemble Wien‘ befand sich diesmal in Hochform, allen voran das junge Liebespaar Methusalem (eine ,Hosenrolle‘) und Pulcinella. Die ,Diva‘ des Ensemble, Anna Ryan, trumpfte ,fast den Saal sprengend‘ mit ihrer herrlich aufblühenden Stimme auf, hatte diesmal in der neu zum Ensemble gestoßenen Elfie Höbarth eine kongeniale Partnerin. In den Duetten der beiden Liebenden vereinigten sich beide Stimmen zu einem herrlich-sinnlichen Einklang. Das ,Väterpaar‘ in dieser Romeo und Julia angeglichenen Handlung wurde von Friedrich Faltus und Johannes Föttinger (der den eigentlichen ,Ohrwurm‘ des Stückes souverän servierte) gesungen. Peter Widholz war als obskurer Oberzeremonienmeister Trombonius – wie immer mit komödiantischem Talent und wunderschön timbriertem Tenor eine Luxusbesetzung.“ (Anton Cupak)
